Ein bis auf den letzten Platz besetzter Bus trug zum letzten Ausflug des Jahres die Senioren von St. Martin Deggendorf in die südöstliche Oberpfalz. Das neue Rundfunkmuseum in Cham und das mittlerweile schon berühmte Konzerthaus in Blaibach stand auf dem Programm.
Zuerst hatten die Deggendorfer keine großen Erwartungen. Ein Rundfunkmuseum seien halt doch nur ein paar „oide Radio und Fernseher“, meinten sie. Als sie nach gut zwei Stunden wieder heraus kamen, waren sie ob 3000 Exponate verteilt über 18 Räume und der Fülle an Informationen hellauf begeistert. Begonnen hatte alles bei einer Tasse Kaffee in tiefen Plüschsesseln im „Café Nostalgie“, im Untergeschoß des ehemaligen Fernmeldeamtes Cham. Dort stellte Museumsleiter Michael Heller zusammen mit Jürgen Kögler sein 900 Quadratmeter großes Museum und seine ältesten Schätze vor. Angefangen bei Thomas Alva Edisons Phonograph von 1877 und dem Grammophon von Emil Berliner – sein legendärer Hund Nipper fehlt dazu nicht – ebenso wenig wie die Sprechwalze mit der Stimme Otto von Bismarcks. Guglielmo Marconis Knallfunksender von 1895 und eine der ersten "Musikboxen": eine mechanische Spieluhr um 1900, bereits mit Geldeinwurf zum abspielen, waren mit die Grundlage zur Entwicklung der Rundfunktechnik zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Als der Rundfunk 1923 in Deutschland startete, brauchte man eine Rundfunkgenehmigung und einen Kopfhörer, um über Detektor- oder Röhrenempfänger am technischen Fortschritt teilhaben zu können. 1927 kostete ein Spitzen-Radiogerät 525 Reichsmark, zuzüglich der Kosten für acht Röhren. Ein Arbeiter verdiente damals 120 bis 160 Mark im Monat.
Die Blütezeit der deutschen Rundfunkindustrie in den 1930er Jahren mit einer Vielfalt an Herstellern, Gehäuseformen und der rasanten Entwicklung der Elektronik ging über in die dunkelste Phase Deutschlands, in der der Rundfunk politisch voll vereinnahmt wurde. Nach dem Krieg hatten die Röhrenradios, die Musiktruhen und Kofferradios, ebenso wie die Tonbandgeräte ihre Glanzzeit. Dazu gehört auch der letzte Mittelwellensender Ismaning des Bayerischen Rundfunks, der, wie fast alle der Exponate des Museums, funktionsfähig ist und betrieben wird.
Dann stiegen die Senioren am Nachbau des Einheitsempfängers E1 mit Nipkow-Scheibe, der zur Olympiade 1936 gebaut wurde, in das Fernsehzeitalter ein. Hans Schweiger und Daniel Paul ließen Empfangsgeräte, Fernsehkameras und die zur Wartung erforderlichen Messgeräte Revue passieren und führten die Steigerung der Bilddiagonalen anfangs der 70 er Jahre von 36 Zentimetern über 43 auf 53 Zentimeter vor. Im Vergleich zu den heutigen Flachbildschirmen hatte man damals nur Miniaturbilder und nur in Schwarz-Weiß zur Verfügung und war trotzdem stolz.
Wieder war es die Technik, diesmal die Bautechnik, gepaart mit einem Klavierkonzert als kultureller Höhepunkt, die die St.-Martins-Senioren faszinierte. Das Konzerthaus hat dazu beigetragen, Blaibachs historisches, aber über die Jahre stark vernachlässigtes Zentrum zu sanieren. „Ort schafft Mitte“ nannte sich das geförderte Modellvorhaben. Der bekannte Bariton und gleichzeitig Kulturwald- und EW-Intendant Thomas E. Bauer, die Konzertpianistin Uta Hielscher und der aus Viechtach stammende Architekt Peter Haimerl hatten 2013 die Vision, in der kleinen Bayerwaldgemeinde dieses Haus zu bauen. Es galt viele Hindernisse zu überwinden und besonders die Einwohner zu überzeugen. Und es ist ihnen gelungen. Am 12. September 2014 wurde eingeweiht und Blaibach hat ein neues, lebendiges Ortsbild. Mittlerweile ist das Haus europaweit bekannt und hat internationale und nationale Architekturauszeichnungen verliehen bekommen.
Bau-Ingenieur Karl Landgraf, damals Bauleiter und heute Fördervereinsvorsitzender, schilderte die Schwierigkeiten vor und während des Baues, die finanziellen Zwänge und wie sie gelöst wurden. Er erzählte von der handwerklichen Mitwirkung der Blaibacher, schilderte die Herstellung einzelner Bauteile und erklärte besonders bildhaft die Akustik und ihre Elemente. Dass das Wesentliche eines Konzertsaales nicht zu kurz kam, dafür sorgte die herausragende Pianistin Uta Hielscher. Sie begann den Kunstgenuss am Steingraeber-Flügel mit Mozarts Rondo „Alla Turca“ aus seiner Klaviersonate Nr. 11, dem je ein Stück von Johann Sebastian Bach und von Frédéric Chopin folgte. Ein wunderbarer Abschluss des Ausflugsjahres 2017.